E-Sport – der sportliche Wettkampf in Computer- und Videospielen – ist gerade bei jungen Leuten beliebt. Große Unternehmen nutzen den Trend bereits, um für Nachwuchs zu werben. Aber auch für kleine Handwerksbetriebe ergeben sich Chancen. Ein E-Sport-Experte erklärt, wie aus Zockern Azubis werden.

Von Eileen Wesolowski

Junge Menschen spielen Computerspiele im Neonlicht.
Handwerksbetriebe können ein eigenes E-Sport-Tunier veranstalten und so potenziellen Nachwuchs auf sich aufmerksam machen. – © Anna Kosolapova – stock.adobe.com

Spektakuläre Live-Veranstaltungen, Zuschauer weltweit und Spieler, die zu Stars werden: E-Sport – der sportliche Wettkampf in Computer- und Videospielen – liegt derzeit im Trend. Laut einer Prognose von Statista werden die Zuschauerzahlen von sogenannten E-Sport-Events bis zum Jahr 2024 auf rund 557 Millionen Menschen weltweit steigen. Und auch in Deutschland ist E-Sport beliebt. Das zeigt sich zum Beispiel am Umsatzwachstum: So prognostiziert Statista, dass sich der Umsatz hierzulande bis zum Jahr 2025 auf rund 163 Millionen Euro belaufen wird.

Große Marken nutzen E-Sport für die Nachwuchssuche

Dazu tragen neben den hohen Zuschauerzahlen auch Sponsorings oder Werbung in diesem Bereich bei. Immer mehr Unternehmen springen auf den Zug auf und nutzen E-Sport für ihr Marketing. Darunter die Marke für Berufsbekleidung Engelbert Strauss, die auch vielen Handwerkern ein Begriff sein dürfte. Wie das Wirtschaftsmagazin Meedia berichtet, ist das Unternehmen 2022 der erste Namensgeber für ein großes E-Sport-Turnier im deutschsprachigen Raum. Ein Grund für das Engagement: Engelbert Strauss hofft, in der E-Sport-Zielgruppe Fachkräfte-Nachwuchs zu finden.

Doch nicht nur bekannte Marken nutzen den Trend. Auch im Handwerk gibt es erste Organisationen, die sich in dem Bereich ausprobiert haben. So war zum Beispiel die Kreishandwerkerschaft Calw 2021 Mitveranstalter eines kleinen regionalen E-Sport-Turniers, um Jugendliche auf die Berufsmöglichkeiten in der Branche aufmerksam zu machen.

E-Sport-Zielgruppe eignet sich auch fürs Handwerk

Für Timo Schöber, Co-Gründer des E-Sport-Start-ups lvlup!HR, ist so ein Engagement alles andere als eine Schnapsidee: „Das ist eine super Möglichkeit, um als Handwerksbetrieb herauszustechen.“ Der Amateurbereich im E-Sport sei groß und die Zielgruppe – sowohl die Zuschauer, als auch die Spieler selbst – bringen genau die Eigenschaften mit, die Handwerksbetriebe in Auszubildenden oder Fachkräften suchen: „Die Zielgruppe im E-Sport ist mit 14 bis 29 Jahren sehr jung, hat ein hohes technisches Verständnis, besitzt Fingerfertigkeit und motorische Fähigkeiten. Darüber hinaus sind 92 Prozent aktiv berufstätig oder in der Ausbildung befindlich“, erklärt der E-Sport-Spezialist, der bereits mehrere Bücher über das Thema geschrieben hat.

Schöber ist selbst E-Sportler und Mitglied in einem E-Sport-Verein. Genau wie bei anderen „Sportarten“, sind die auch im E-Sport nicht unüblich. Dort schließen sich mehrere Spieler zusammen, trainieren gemeinsam und treten in Wettbewerben gegen andere E-Sportler an. In Schöbers Team spielen auch Handwerker: „Wir haben viele junge Mitglieder, die Maurer, Tischler oder Zimmerer sind. Das sind genau die Fachleute, die Handwerksunternehmer erreichen können, wenn sie sich in dem Bereich engagieren.“

Fakten zu E-Sport

Umsatz: Der „elektronische Sport“ ist ein weltweites Phänomen, bei denen Spieler in verschiedenen Video- und Computerspielen (online) gegeneinander antreten. „E-Sport ist so beliebt, dass er in mehr als siebzig Ländern sogar als Sportart anerkannt und eingestuft ist. Trotz der Corona-Krise ist der E-Sport-Markt weiter gewachsen. Vor Kurzem hat das weltweite Marktvolumen die eine Milliarde US-Dollar-Grenze gesprengt“, sagt Schöber.

Veranstaltungen und Spiele: Längst gibt es etablierte und professionell organisierte E-Sport-Ligen mit Millionen von Zuschauern weltweit. Bei diesen Events, die teilweise in großen Arenen stattfinden und vor Ort, im TV oder online mitverfolgt werden können, treten die besten E-Sportler einzeln und in Teams in mehreren Runden gegeneinander an. Für eine Teilnahme müssen sie sich in der Regel vorher qualifizieren. Die Gewinner haben die Chance, hohe Preisgelder zu gewinnen – teils in Millionenhöhe. Zu den größten E-Sport-Turnieren, gemessen an der Höhe der Gesamtpreisgelder, zählen laut einer Statistik von Statista „The International“ (Dota 2), „Fortnite World Cup Finals“ (Fortnite) oder „LoL World Championship“ (League of Legends). Die in den Klammern genannten Spiele zählen mit zu den beliebtesten E-Sport-Games.

Spieler: E-Sportler müssen nicht nur eine Menge Stunden vor dem PC oder der Konsole verbracht haben, um erfolgreich zu sein. Um selbst einer der Top-Spieler zu werden, braucht es auch motorische Fähigkeiten und taktisches Denken. Genau wie klassische Sportler sind einige E-Sportler längst zu Stars geworden. Betrachtet man die Höhe der gewonnen Preisgelder, gehört etwa der dänische Dota 2-Spieler Johan Sundstein („N0tail“) mit insgesamt rund sieben Millionen US-Dollar zu den erfolgreichsten E-Sportlern der Welt.

Doch wie nutzen Handwerksbetriebe das Thema E-Sport für die Nachwuchssuche? Es gibt laut Schöber zwei interessante Möglichkeiten:

1. Sponsor eines Spielers, Vereins oder Turniers werden

Wie andere Sportler auch, freuen sich auch E-Sportler, E-Sport-Vereine und Veranstalter regionaler Turniere über Sponsoren. Eine Möglichkeit für Handwerksbetriebe, in das Thema einzusteigen und sich hervorzuheben: „Gerade in Großstädten gibt es viele kleine E-Sport-Vereine, bei denen ein Betrieb noch für recht wenig Geld Sponsor werden kann“, sagt Schöber. Der E-Sport-Experte schätzt, dass das Sponsoring eines kleinen Vereins bereits für 2.000 bis 10.000 Euro im Jahr möglich ist: „Dafür kriegen die Betriebe dann zum Beispiel einen festen Platz auf den Trikots der Spieler und können ihre Werbung bei E-Sport-Events platzieren.“

Die Regel bei so einem Sponsoring seien auch Werbung über die Social-Media-Kanäle des Vereins sowie die Nennung des Handwerksbetriebs auf der Vereins-Website. Weitere Möglichkeiten: Der Handwerksbetrieb wird in Turnieren als Sponsor genannt (Beispiel „FIFA Cup Flensburg, powered by Fleischerei C.“), zur Weihnachtsfeier oder anderen Feierlichkeiten des Vereins zum Netzwerken eingeladen oder bei Gaming-Messen am Vereinsstand aufgeführt. Schöber empfiehlt Handwerkern über Suchmaschinen nach regionalen E-Sport-Vereinen zu recherchieren und mit ihnen bezüglich eines Sponsorings in Kontakt zu treten.

2. Eigenes Turnier veranstalten

Eine weitere Möglichkeit, die aber mehr Aufwand erfordert: Handwerksunternehmen können ein eigenes kleines E-Sport-Turnier veranstalten. Dafür braucht es neben genügend Platz und einer guten Internetverbindung auch die passende Ausstattung. „Einen soliden E-Sport-Rechner gibt es schon für 600 Euro zu kaufen“, sagt Schöber. Aber: Auch bei der Organisation eines eigenen Tunriers rät er Handwerkern, mit einem lokalen E-Sport-Verein Kontakt aufzunehmen und sich von diesem Unterstützung zu holen.“ Die Spieler können nicht nur das Equipment wie PCs, Konsolen oder Gaming-Stühle als Leihgabe zur Verfügung stellen, sondern auch mit ihrem Know-how beim Ablauf des Events unterstützen.

Damit möglichst viele junge Menschen auf die Veranstaltung aufmerksam werden, rät Timo Schöber Handwerksbetrieben, rechtzeitig die lokale Presse zu kontaktieren. „Möglich ist auch, dass sich ein paar regionale Handwerksbetriebe zusammenschließen und gemeinsam ein Turnier veranstalten“, gesagt ist.

Schöber kennt sogar Unternehmen, die unter ihren Auszubildenden eine eigenen E-Sport-Mannschaft gegründet haben. Auch das kann eine Möglichkeit sein, für einen Ausbildungsplatz zu werben und das eigene Unternehmen attraktiver zu machen.

Welches Computerspiel eignet sich für den sportlichen Wettkampf?

Auch für die Auswahl des passenden Games, in dem sich die Turnier-Teilnehmer messen, hat der Experte einen Tipp. Besonders beliebt sind im E-Sport-Bereich Shooter, also Schießspiele. Ein bekannter Titel ist „Counter Strike“. „Solche Spiele werden kontrovers diskutiert“so Schöber. Wer diese nicht vertreten möchte, könne auf andere Computerspiel-Genres wie Strategie, Sport oder Action zurückgreifen.

Besonders populär sind im E-Sport zurzeit die Titel „League of Legends“, „Dota 2“ oder „Super Smash Bros.“ Spiele, die sich laut Schöber für den Einstieg in den E-Sport gut eignen, sind zum Beispiel „Rocket League“ (Autofußball), „FIFA“ (Fußball), „Fortnite“ (Battle Royale) und „Overwatch“ (Teamshooter).

Beef-Beschwörer: Motiv der Nachwuchskampagne des bayerischen Fleischerverbands..
Der „Beef-Beschwörer“ ist einer von drei Charakteren, die Jugendliche für eine Karriere im Fleischerhandwerk begeistern sollen. – © Landesinnungsverband für das bayerische Fleischerhandwerk

Mit Gaming Nachwuchs finden: Bayerische Fleischer machen’s vor

Dass der Bereich Gaming abseits vom Thema E-Sport Potential hat, junge Menschen auf einen Beruf aufmerksam zu machen, beweist das bayerische Metzgerhandwerk. Der Landesinnungsverband hat bereits 2020 die Nachwuchskampagne „Butcher’s Tale – Die Wächter des Handwerks“ ins Leben gerufen.

Im „Märchen des Fleischers“ machen an Rollenspiele angelehnte Charaktere auf die vielseitigen Ausbildungsberufe im Fleischerhandwerk aufmerksam. Sie tragen die fantasievollen Namen „Keulenkrieger“, „Beefbeschwörer“ und „Filetfeen“.

„Der Köder muss dem Fisch schmecken“

„Der Köder muss immer dem Fisch schmecken und nicht dem Angler. Wir müssen die Jugendlichen mit etwas abholen, womit sie sich eben in ihrer Freizeit beschäftigen“, erklärt Lars Bubnick, Geschäftsführer des Bayerischen Fleischerverbandes. Und der Ansatz funktioniert: Als Feedback habe der Verband nur Positives erhalten: „Die Jugendlichen kommen an den Stand und informieren sich. Sie sind erstaunt, wie cool und modern das Metzgerhandwerk ist“, lautet zum Beispiel eine der Rückmeldungen. Und: Mittlerweile konnten nicht nur mehrere Praktikumsverträge abgeschlossen, sondern auch einige Auszubildende vermittelt werden, so der Verband.

Mitgliedsbetriebe können Werbematerial der Kampagne wie Aufsteller, Postkarten oder Giveaways für ihr Geschäft oder den Messestand nutzen. Es gibt einen eigens eingerichteten interaktiven Nachwuchsbereich auf der Website des Verbandes und zahlreiche Posts in den sozialen Medien.

Hier können Interessierte einen Blick auf die Kampagne des Fleischerverbandes Bayern werfen: „Butcher’s Tale – Die Wächter des Handwerks“.



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