Fußballspiele aus erhöhter Perspektive schauen, schön und gut, aber wie wäre es eine Begegnung mit den Augen von einem Haaland oder Kroos zu sehen? Was auf dem Rasen noch weiter entfernt scheint, nutzt Riot Games bereits bei der Weltmeisterschaft in Teamfight Tactics (TFT).
Obwohl die TFT-Weltmeisterschaft aus einem Studio übertragen wird, schauen viele Fans lieber die Low-Budget-Produktionen einzelner Streamer.
Kicker
Das Zauberwort nennt sich Co-Streams. In Teamfight Tactics – aber auch anderen eSport-Titeln wie Valorant, Fortnite oder FIFA – erlauben Turnierorganisatoren Teilnehmern und Influencern ihre eigenen Turnierbegegnungen zu übertragen. Sie streamen aus ihrer Perspektive und sind auch nur selbst zu hören.
Neben dem auf Hochglanz polierten Hauptstream von Riot Games laufen bei der aktuell stattfindenden Teamfight Tactics Weltmeisterschaft in Alicante etwa noch bis zu 68 weitere Streams gleichzeitig mit.
Die Streams bieten Abwechslung: Mal sitzt ein talentierter Spieler auf der anderen Seite des Bildschirms und analysiert das Geschehen auf hohem Niveau, mal ein Unterhaltungstalent und mal der Freund eines Teilnehmers, der nur seine Perspektive überträgt.
Jeder Fan kriegt seinen Wunsch
Laut Riot Games entspricht dieses Angebot den Bedürfnissen des Publikums. „Unsere Zuschauer haben einen unterschiedlichen Appetit dafür, was sie sehen wollen. Wir bieten den Hauptkanal mit kuratierten Erzählsträngen, Erklärungen und Statistiken, zeigen dort aber nicht jede Aktion“, erklärt Riot Games Produktmanager für den europäischen Raum, Maximilian Wischow.
Da viele Fans aber genau das sind, Anhänger einzelner Spieler, wollen sie keine derer Aktionen verpassen. Die Mehrheit der Zuschauerschaft präferiert daher Co-Streams. Das belegen auch die Zahlen:
Während in den Haupt-Stream von Riot Games am 18. November, dem ersten Tag des Finalwochenendes, rund 14.000 Zuschauer einschalteten, sahen allein dem amerikanischen Profi und Streamer Michael ‚k3soju‘ Zhang 23.000 zu – Topwert unter den Co-Streamern. Für den Veranstalter ist das augenscheinlich kein Problem. Ihnen ist in erster Linie wichtig, dass so viele Menschen wie möglich zuschauen.
Zusammengenommen kamen alle Übertragungen am ersten Tag der TFT-Weltmeisterschaft auf etwa 70.000 durchschnittliche Zuschauer. An den zwei Folgetagen sollen noch mehr hinzukommen und die Zahlen neue Höhen erreichen. Das war vor einigen Jahren, als das Modell Co-Stream aufkam, eine große Sorge: Bringen die Co-Streams Reichweite? Kann diese an Sponsoren vermarktet werden? Und sind die Zuschauer nur dem Streamer oder auch dem Spiel loyal?
Vorteil und Risiko nah beieinander
Die ersten beiden Fragen beantworten die meisten Organisatoren bereits mit ja. Bei Letzterer herrscht noch Unklarheit. Und auch Global Head of TFT Michael Sherman sieht Gefahren: „Es ist nicht risikofrei.“ Was Co-Streamer in ihrer Übertragung sagen, falle direkt auf sie als Veranstalter zurück. Bei der Auswahl der Partner sei daher Vorsicht geboten.
Dennoch ist bei vielen Organisatoren im eSport klar: Co-Streams sind die Zukunft. Sie erfüllen die Bedürfnisse der Fans und lassen Zuschauerzahlen in die Höhe steigen. Hinzu kommt laut Sherman eine weitere Komponente:
„Co-Streaming ähnelt Influencer-Marketing. Menschen bevorzugen Inhalte mit menschlicher Nähe.“ Und egal, wie sehr sich ein Studioteam anstrengt und wie viel Geld hineingepumpt wird, an das Gefühl bei einem Weltmeister am Tisch zu sitzen, kommen sie nicht heran.