Mit Dota 2 ist endlich der Nachfolger der legendären Warcraft-3-Modifikation Defense of the Ancients – kurz DotA – gestartet. Statt aber einfach den Stab des Genreprimus weiterzureichen, steht Entwickler Valve vor einer großen Herausforderung: Bereits vor einigen Jahren brachte Konkurrent Riot Games den MOBA-Titel (Multiplayer Online Battle Arena) League of Legends auf den Markt, welcher demselben Spielprinzip folgt. Riots DotA-Variante war vom Start weg derart erfolgreich, dass inzwischen über 70 Millionen LoL-Accounts existieren und die kalifornischen Entwickler eine eigene E-Sport-Liga betreiben.
Dota 2 muss sich aber nicht vor LoL verstecken, immerhin steht Valve inklusive Steam sowie der mysteriöse Entwickler Icefrog dahinter – einer der Gründerväter des Genres. Icefrogs richtiger Name ist nicht bekannt, Fakt ist jedoch, dass der Entwickler entscheidend zum Erfolg der Warcraft-3-Mod beitrug und nun seit einigen Jahren am Nachfolger arbeitet. Wie sind also die Erfolgsaussichten von Dota 2?
Dieselben Wurzeln
Zuerst muss man festhalten: Grundlegend sind sich der Spielaufbau von Dota 2 und der von League of Legends sehr ähnlich. Zwei Teams mit mehreren Spielern treten mit ihren Helden auf einer Karte gegeneinander an. Das Ziel der Partie ist es, die feindliche Basis zu zerstören. Dabei werden beide Seiten von computergesteuerten Nichtspielercharakteren (Creeps) unterstützt, während Turmstellungen die Verteidigung erleichtern. Meist befinden sich auf den Spielkarten noch ein paar Monster, die man zwischendurch erschlagen kann, um seinen Helden zu leveln. Denn jeder Spieler steuert pro Partie nur einen einzigen Charakter! Damit das nicht zu langweilig wird, besitzen die Figuren stets mehrere Fähigkeiten, die man mit jeder erklommenen Entwicklungsstufe verbessert. Der vierte Skill jedes Charakters ist das sogenannte Ultimate, also ein einzigartiger Effekt, der von einer vorübergehenden Unbesiegbarkeit bis hin zu einer Zeitschleife, in der alle gefangenen Gegner für einige Sekunden ausharren müssen, reicht. Stirbt ein Held, wird dieser nach Ablauf einer Strafzeit an der Basis wiederbelebt und man kann erneut ins Gefecht eingreifen.
Was: Gebufft
Jede MOBA-Partie ist in drei Phasen unterteilt, die meist fließend ineinander übergehen: das frühe, dass mittlere und das Endspiel. Während man in der frühen Phase (Early Game) hauptsächlich damit beschäftigt ist, den eigenen Helden mit hochwertigen Gegenständen auszustatten und zu leveln, arbeitet man sich in der mittleren (Midgame) in Richtung Feindbasis vor und nimmt erste Teamkämpfe zwischen den Helden an. Das Endspiel (Endgame) dagegen ist stark von Teamkämpfen geprägt und spätestens hier entscheidet sich, welche der beiden Basen fällt.
Das Spielprinzip klingt simpel, hält die stetig wachsende Community aber seit über einem Jahrzehnt bei der Stange. Und die Zahl der MOBA-Spieler und -Spiele wächst von Jahr zu Jahr! Da das Grundprinzip so unwiderstehlich ist, sind alle Entwicklerteams – auch Valve – dabeigeblieben. Auf den ersten Blick unterscheiden sich Dota 2 und League of Legends nur in Nuancen. Wer sich aber über einige Monate in Dota 2 vertieft, lernt die Unterschiede in den Details bald zu schätzen und kann sich des Gefühls nicht erwehren, ein deutlich anderes Spiel als League of Legends vor sich zu haben.
Dota 2 besser als LoL?
Ist Dota 2 nicht nur anders, sondern auch besser als League of Legends? Dies lässt sich nicht pauschal beantworten, da es hier auf verschiedene Faktoren ankommt: Wie erfahren ist man im MOBA-Genre und bevorzugt man einen eher realistischen Look oder den Comic-Look von LoL? Möchte man lieber ein einsteigerfreundliches Spiel oder eines, das den Spieler von Beginn an extrem fordert? In Sachen leichter Zugänglichkeit gilt LoL seit Jahren als Paradebeispiel. Dank der Tutorials und der Möglichkeit, sich erst einmal gegen vom Computer gesteuerte Gegner zu testen, setzte sich League of Legends gegenüber dem etwa zeitgleich erschienenen MOBA-Spiel Heroes of Newerth schnell durch. Allerdings sind solche Einstiegshilfen inzwischen kein Alleinstellungsmerkmal mehr im MOBA-Genre.
Welche: Gebufft
Valve hat aus dieser Entwicklung gelernt und bietet in Dota 2 ebenfalls ein Tutorial an, welches das benötigte Grundwissen vermittelt. Anhand von vier ins Spiel integrierten Trainingskursen lernt Ihr, was zum Beispiel ein sogenannter Last-Hit ist, wie man die Fähigkeiten des Helden richtig einsetzt und wie man beim Händler im Spiel wichtige Gegenstände kauft. Diese Episoden dauern jeweils nur wenige Minuten und bereiten einen auf die erste Runde gegen vom Computer gesteuerte Gegner vor. Auch hier zeigt sich Dota 2 einsteigerfreundlich, da man zwischen vier verschiedenen KI-Stärken wählen kann. Auf der höchsten Stufe ist der Computergegner relativ clever, sodass selbst erfahrene Spieler gern mal eine KI-Partie spielen, um etwa einen neuen Helden zu testen. Wer es ganz einfach möchte, der stellt den KI-Gegner auf „Passiv“, so kann man ganz in Ruhe herumprobieren.
Auch wenn das Tutorial nur der erste Schritt in einer langen Lernphase ist, geht der Spieleinstieg gut von der Hand und daher braucht sich Dota 2 vor League of Legends nicht zu verstecken. Wer allerdings ein Könner werden will, muss sich außerhalb des Spiels weiterbilden, indem er Streams von Profi-Spielern oder Fan-Foren studiert. Um die über 100 Helden zu meistern und die zig verschiedenen Spielsituationen zu beherrschen, die sich in Teamkämpfen ergeben, braucht es Jahre.
Die Kunst des Verweigerns
Einer der größeren Unterschiede zwischen Dota 2 und League of Legends ist, dass Dota 2 die sogenannte Deny-Technik ermöglicht. Deny heißt aus dem Englischen übersetzt „verweigern“ und das bedeutet im Klartext, dass man dem gegnerischen Team wichtige Spielfortschritte versagen kann, indem man eigene Creeps, Türme und in seltenen Fällen sogar Helden auslöscht. Hier greift also das Prinzip der „Verbrannten Erde“: Steht der Gegner kurz davor, einen Eurer Türme zu vernichten oder Eure Creeps zu töten, zerstört Ihr sie lieber selbst, bevor der Gegner es tut. Zwar sind die Creeps oder der Turm dann noch einen Tick schneller verloren, aber dem Gegner entgehen so wertvolle Erfahrungspunkte und Gelder, da es nicht sein Kill war. Anfänger sind allerdings gut beraten, sich erst einmal auf ihren eigenen Charakterfortschritt zu konzentrieren, da die Deny-Technik schwer zu meistern ist und in der Regel nur von erfahrenen Spielern angewendet wird.
Was: Gebufft
Um in Dota 2 zu verhindern, dass Neulinge auf Profis treffen, hat Entwickler Valve natürlich ein entsprechendes Matchmaking eingebaut, das im Hintergrund festhält, wie viele Siege und Niederlagen man erspielt hat. Dazu besitzt jeder Spieler auch außerhalb der einzelnen Partien eine Level-Einstufung, welche seinen Erfahrungsgrad grob widerspiegelt. Ob und wie sich der Spieler-Level auf das Matchmaking auswirkt, darüber schweigen sich die Entwickler noch aus. Fakt ist, dass es in unseren Testrunden nie vorkam, dass ein Stufe-1-Spieler gegen einen Gegner der Stufe 30 antreten musste.
Über das Level-System hinaus gibt es jedoch keine Möglichkeit, sich außerhalb der Partien zu verbessern. Ein übergeordnetes Runen- oder Meisterschaftssystem, wie es League of Legends bietet, existiert nicht. Das erhöht in Dota 2 die Fairness, denn ein accountgebundener Spielfortschritt, wie es ihn in LoL gibt, gewährt erfahrenen Spielern von der ersten Sekunde einer jeden Partie an einen Vorteil. In Dota 2 hingegen levelt man hauptsächlich für das eigene Ego, auch wenn es mit jeder aufgestiegenen Stufe nette Items gibt. Die sind aber nur kosmetischer Natur.
Kleine und große Unterschiede
In einem Punkt unterscheiden sich die Spielweisen der Dota-2- und LoL-Helden beträchtlich voneinander: Die Dota-2-Charaktere besitzen im Schnitt weniger aktive, dafür mehr passive Fähigkeiten als ihre LoL-Kollegen. Dazu verfügen die Dota-2-Charaktere über weniger Energie, weshalb sie ihre Skills auch noch seltener einsetzen können. Daraus folgt, dass man in Valves MOBA deutlich taktischer und weniger auf die eigene Spielfigur zentriert vorgehen muss, um Erfolg zu haben.
Auch wichtig: Im Gegensatz zu League of Legends sind die verschiedenen Helden in Dota 2 nicht sklavisch an bestimmte Rollen und Positionen auf der Spielkarte gekettet. Während die LoL-Champions stets in ein bestimmtes Strategie-Korsett – in der Szene Metagame genannt – gepresst werden, erlaubt Dota 2 flexiblere und abwechslungsreiche Vorgehensweisen. So kann man sein Spiel vorab darauf auslegen, bereits in der mittleren Spielphase oder erst im Endgame zu gewinnen.
Shoppen gehen
Genau wie in den meisten anderen MOBA-Spielen auch, findet man an den beiden Startpunkten je einen Ingame-Shop, in dem der eigene Held neue Ausrüstung kaufen kann. Das Gold dafür verdient Ihr, wie bereits erwähnt, indem Ihr feindliche Türme, NPCs und
Was: Gebufft
Helden vernichtet. Allerdings befinden sich noch vier weitere Shops auf der Karte, in denen man zusätzliche Gegenstände erwerben kann. Auch dies ist ein Unterschied zu League of Legends, wo die Ladenflächen auf die Startbereiche begrenzt sind. Taktisch ist die
Dota 2-Variante damit anspruchsvoller, da man höhere Risiken eingehen muss, wenn man einen der im Feld befindlichen Shops aufsucht. Auch die Konsumgüter im Shop sind etwas facettenreicher als in LoL. So kann man sich nicht nur über die Spielkarte teleportieren, sondern auch sich selbst und nahestehende Verbündete tarnen, sodass der Gegner einen erst aus nächster Nähe erkennt.
Dazu taucht nach dem Zufallsprinzip an zwei Stellen auf dem Schlachtfeld eine von fünf verschiedenen Runen auf, die den Helden temporäre Verstärkungszauber (Buffs) gewähren. In League of Legends sind diese Vorteile an bestimmte KI-Monster gebunden, die stets an derselben Stelle herumlungern. Die Jagd nach Buffs ist in LoL also vorhersehbarer. Und zu guter Letzt: Stirbt in Dota 2 ein Held, verliert dessen Spieler Gold. Virtuelle Tode werden von Valve also schwerer bestraft als in LoL. Das mag nicht schwerwiegend klingen, die Gangart der Partien ändert sich jedoch erheblich.
Autoren: OH/René Gorny/Sebastian Haußmann
Dota 2: Das Team, welches das NPC-Monster Roshan tötet, erhält Gold, Erfahrungspunkte und ein wertvolles Item. [Quelle: Buffed]