Machen wir uns nichts vor: In der Videospiele-Branche gehört es zum Arbeitsalltag einfach dazu, dass Projekte noch in der Entwicklung vorzeitig gecancelt werden. Meist passiert das sehr früh, etwa noch in der Konzeptphase, und so früh, dass wir Konsumenten davon überhaupt nichts mitbekommen. Ab und an dringt aber dann doch was nach außen, oder es kommt erst nach der offiziellen Ankündigung zur Stilllegung, was dann für Fans und Entwickler gleichermaßen bitter sein kann.

Das Genre der Online-Rollenspiele ist dabei durchaus anfällig für herausfordernde Entwicklungsphasen. Die Entwicklung eines MMOs zieht sich oft über viele Jahre und ist entsprechend teuer. Einigen Teams geht auf dem Weg zum Release das Geld aus. Manchmal entpuppen sich aber auch Ideen, die auf dem Papier grandios klingen, in der Praxis als wenig unterhaltsam. Oder ein Konkurrent kommt mit einer vergleichbaren Idee früher auf den Markt. Oder es ändern sich durch eine Übernahme die Verantwortlichkeiten. Neue Verträge müssen her, doch können sich die involvierten Unternehmen nicht einigen.

Es verwundert daher nicht, dass sich für jedes Online-Rollenspiel, das in den letzten Jahren erschienen ist, drei, vier MMO-Projekte finden lassen, die noch in der Entwicklung gekillt wurden. In diesem Special blicken wir auf die spannendsten Titel zurück. Everquest Next ist natürlich dabei, aber auch Titan, ein World of Warcraft 2.0, ein Herr-der-Ringe-MMO sowie eine neue Marvel-Lizenz-Verwurstung.

Titan: Das MMO von Blizzard nach WoW

Bereits 2005, also in dem Jahr, in dem World of Warcraft in Europa veröffentlicht wurde, verrieten die Blizzard-Verantwortlichen, dass bereits an neuen Spielen gearbeitet wird. Ein Jahr später grenzten sie ihre Pläne auf drei neue Projekte ein. Heute wissen wir, dass Diablo 3 und Starcraft 2 dazugehörten, das dritte Spiel machte erst wieder 2007 von sich reden, als auf der Blizzard-Homepage Entwickler für ein „Online-Spiel der nächsten Generation“ gesucht wurden.

Im August 2007 bestätigte dann Lead Game Designer Jeff Kaplan, dass Blizzard an einem neuen MMORPG arbeite, im Dezember desselben Jahres konkretisierten die Entwickler, dass es sich bei dem Projekt nicht um die nächste WoW-Erweiterung handeln wird. WoW-Community Manager Jonathan „Zarhym“ Brown ging im Mai 2009 sogar noch weiter und verriet, dass sie mit dem Spiel eine komplett neue Marke schaffen wollen.

Titan kommt ans Licht

Die nächsten offiziellen Informationen zu Titan sollte es laut Chief Creative Officer Rob Pardo frühestens 2011 geben, doch hatte er die Rechnung ohne Ye Weilun gemacht. Besagter Blizzard-Manager durfte nämlich seinen Hut nehmen, kurz nachdem einer chinesischen Internetseite eine Tabelle zugespielt wurde, auf der die Release-Termine der aktuellen Blizzard-Projekte zu sehen waren. Neben Starcraft 2, Diablo 3 und einigen Meilensteinen für WoW stand dort im vierten Quartal 2013 auch der Name Titan – das MMO-Projekt hatte endlich einen Arbeitstitel.

Trotz der Panne ließen sich die Verantwortlichen von Blizzard nicht in die Karten schauen. Als Paul Sams im März 2011 in einem Interview einem Redakteur von Gamasutra erzählte, dass man Titan bereits spielen würde und dass das Spiel das ambitionierteste Projekt sei, an dem sie jemals gearbeitet haben, war das durchaus erstaunlich, aber eben auch sehr nichtssagend. Gleiches gilt für Rob Pardos Aussage aus dem September 2012, dass über hundert Entwickler derzeit an Titan arbeiten und man die Mitte des Entwicklungszyklus‘ erreicht hätte. Selbst die im selben Monat auftauchenden Artworks zu Titan entpuppten sich letztlich als Fingerspielereien eines Grafikers aus dem Titan-Entwicklungsteam.



Ein Artwork des Künstlers Nick Carver, der für einige Zeit als Senior Designer an Blizzards Next-Gen MMO arbeitete. Sollte Titan vielleicht so aussehen?


Ein Artwork des Künstlers Nick Carver, der für einige Zeit als Senior Designer an Blizzards Next-Gen MMO arbeitete. Sollte Titan vielleicht so aussehen?

Quelle: Nick Carver / http://nickcarver.blogspot.de/



Die Gerüchteküche brodelte

Mit ihrem Schweigegelübde heizten die Titan-Verantwortlichen die Gedankenspiele der darbenden Fans immer weiter an. Jeder Schritt von Blizzard wurde mit Argusaugen überwacht und mit dem Next-Gen-MMOG in Verbindung gebracht. Als das Unternehmen zum Beispiel im September 2009 die „Esri CityEngine“ von Procedural lizenzierte, mit der man mit wenigen Klicks große Stadtflächen kreieren kann, sprachen viele davon, dass Titan ein zweites Second Life werden könnte, also eine Art Online-3D-Infrastruktur, in der Spieler die virtuelle Welt frei gestalten können.

Noch konkreter wurde im April 2013 der Autor der Internetseite titanfocus.info, der einige spannende Gerüchte in Umlauf brachte, die er von einer internen Blizzard-Quelle erhalten haben soll: Der Hintergrund von Titan basiert demnach auf der Geschichte der Erde und soll einen großen Schwerpunkt auf die Mythen der Griechen, Römer und Wikinger legen. Angereichert wird das vergleichsweise bodenständige Setting mit fiktionalen Elementen wie Zeitreisen und Magie. Der Insider verriet zudem, dass Titan einen sehr großen Esport-Schwerpunkt bekommen soll und dass man das Spiel aus der Third-Person-Sicht steuern wird – wie bei WoW also. Abschließend erzählte er noch, dass über Konsolen-Versionen nachgedacht werde, dass aktuell 150 Entwickler an Titan arbeiten und dass der endgültige Name des Spiels mittlerweile feststeht.



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