Eine halbe Milliarde US-Dollar, das ist keine Geldmenge, die ein Entwicklerstudio mal so eben aus der Portokasse zahlt, auch nicht, wenn es sich dabei um das erfolgreiche Studio Epic Games handelt, das Millionen von Gamerherzen mit dem Battle Royale Fortnite erobert hat. Diese Geldmenge sollen die Verantwortlichen von Epic Games nach Verhandlungen mit der Federal Trade Commission (FTC) nun aufbringen, um gleich zweierlei Probleme aus der Welt zu schaffen – so schreiben es die Leute der US-amerikanischen Bundeshandelskammer in einer offiziellen Mitteilung vom 19. Dezember 2022.
Die Kurzfassung davon, von uns durch Deepl gejagt: „Epic wird eine Strafe in Höhe von 275 Millionen Dollar für die Verletzung des Datenschutzgesetzes für Kinder zahlen, die Standardeinstellungen für den Datenschutz ändern und 245 Millionen Dollar an Rückerstattungen zahlen, weil es Nutzer zu ungewollten Abbuchungen verleitet hat.“
Personenbezogene Daten von Spielern unter 13 Jahren
275 Millionen US-Dollar müssen die Verantwortlichen von Epic blechen, weil sie laut den Untersuchungen der FTC und einer beim Justizministerium vorgelegten Beschwerde in Fortnite gegen den Children’s Online Privacy Protection Act (COPPA) verstoßen hat. Dieses Gesetz zum Schutz der Privatsphäre von Kindern im Internet sieht Folgendes vor: Wenn ihr euch in einem Webforum basierend auf amerikanischer Software anmelden wollt, müsst ihr angeben, ob ihr über oder unter 13 Jahren seid. Sofern ihr jünger als 13 Jahre seid, wird eine Einverständniserklärung der Eltern verlangt, damit die Registrierung abgeschlossen werden kann.
Vonseiten Epic wurde gegen COPPA verstoßen. Es wurden Daten von Fortnite-Spielern unter 13 Jahren gesammelt, ohne dass die Eltern darüber informiert wurden beziehungsweise diese das Einverständnis gegeben haben. Des Weiteren ermittelte die FTC gegen unlautere Methoden hinsichtlich der standardmäßigen Aktivierung von Sprach- und Textchat. Das schadet in den Augen der Ermittler Kinder und Jugendliche. Es gäbe Berichte von jugendlichen Spielern, die sich Mobbing, Bedrohungen, Beleidigungen und gefährlichen wie psychologisch traumatisierenden Themen ausgesetzt sahen.
Auch Mitarbeiter von Epic Games hatten hinsichtlich der Standardeinstellungen bereits im Jahr 2017 Bedenken geäußert. „[…] weigerte sich das Unternehmen, die Standardeinstellungen zu deaktivieren. Zwar fügte es schließlich eine Schaltfläche hinzu, mit der die Nutzer den Voice-Chat ausschalten können, doch laut der Beschwerde war diese für die Nutzer schwer zu finden“, heißt es in der Mitteilung der FTC.
Die Leute von Epic Games müssen nun nicht nur die Strafe von 275 Millionen US-Dollar zahlen, sondern auch die standardmäßigen Privatsphäre-Einstellungen für Kinder und Jugendliche ändern. Sprach- und Textchat sollen automatisch deaktiviert sein, wenn die Eltern der Kids unter 13 oder die Teenager nicht ausdrücklich zustimmen, den Chat einzuschalten.
Vonseiten der FTC wird in der Mitteilung hinsichtlich der Schädlichkeit des automatisch aktivierten Chatsystems in Fortnite neben Mobbing, Beleidigungen und Belästigungen das Thema „psychologisch traumatisierende Themen“ angesprochen. Gemeint ist damit unter anderem Suizid. Deswegen halten wir diesen Hinweis für angebracht:
Wenn ihr über Suizid nachdenkt oder jemanden kennt, ist nichts wichtiger, als mit jemandem darüber zu sprechen. Wenn ihr euch nicht Freunden oder Verwandten anvertrauen möchtet, könnt ihr euch anonym, rund um die Uhr und kostenlos an die Telefonseelsorge wenden unter 0800/111 0 111.
Weitere Nummern für schnelle Hilfe sind die Nummer gegen Kummer (116 111), im Notfall Polizei (110) oder Rettungsdienst (112). Außerdem führt die Gesellschaft für Suizidprävention eine Übersicht der Angebote auf ihrer Webseite www.suizidprophylaxe.de.
Illegale „dark pattern“
Dark pattern sind so gesehen finstere Methoden, um etwas zu erlangen, was bei voller Transparenz nicht erreichbar wäre. „In einer separaten Verwaltungsbeschwerde behauptete die FTC, dass Epic dunkle Muster verwendete, um Spieler zu ungewollten Käufen zu verleiten, und es Kindern ermöglichte, ohne elterliche Mitwirkung unberechtigte Kosten anzuhäufen“, heißt es vonseiten der FTC. „So konnten Spieler beispielsweise [mit Abbuchungen] belastet werden, wenn sie versuchten, das Spiel aus dem Ruhezustand aufzuwecken, während sich das Spiel in einem Ladebildschirm befand, oder wenn sie eine benachbarte Taste drückten, während sie lediglich versuchten, einen Gegenstand in der Vorschau anzuzeigen. Diese Taktiken führten zu Hunderten von Millionen von Dollar an unberechtigten Gebühren für die Verbraucher.“
Unter anderem aus diesem Grund müssen die Verantwortlichen von Epic Games weitere 245 Millionen US-Dollar für Erstattungen bereitstellen. „Bis 2018 erlaubte Epic es Kindern, V-Bucks durch einfaches Drücken von Tasten zu kaufen, ohne dass die Eltern oder der Karteninhaber eingreifen oder zustimmen mussten. Einige Eltern beschwerten sich darüber, dass ihre Kinder Hunderte von Dollar an Gebühren angehäuft hatten, bevor sie bemerkten, dass Epic ihre Kreditkarte ohne ihre Zustimmung belastet hatte. Die FTC hat ähnliche Klagen gegen Unternehmen wie Amazon, Apple und Google angestrengt, weil sie Verbrauchern Millionen von Dollar für In-App-Käufe in Rechnung gestellt haben, die von Kindern beim Spielen von Handy-Apps getätigt wurden, ohne die Zustimmung der Eltern einzuholen.“
Den Angaben der FTC zufolge ignorierten die Leute von Epic mehr als eine Million Nutzerbeschwerden sowie Meldungen von den Angestellten, dass Konten und Kreditkarten einer großen Zahl an Nutzern fälschlicherweise für Gegenstände oder V-Bucks belastet worden wären. Stattdessen soll Folgendes passiert sein: „Tatsächlich haben die Änderungen von Epic das Problem nur verschlimmert, so der Vorwurf der FTC. Mithilfe interner Tests hat Epic absichtlich Stornierungs- und Erstattungsfunktionen unkenntlich gemacht, damit sie schwerer zu finden sind.“ Die Strafe, die von Epic Games an das Finanzministerium wegen des Verstoßes gegen COPPA gezahlt werden muss, ist die bislang höchste, die für den Verstoß gegen FTC-Richtlinien ausgesprochen wurde.